Mittwoch, 10. Dezember 2014

Von der Distanz zur Nähe und wieder zurück

Ich bin zwar Kindergärtnerin und habe auch schon allerhand Erfahrung im Umgang mit Kindern, aber ein Kind zu Hause im eigenen Heim....das ist schon eine andere Sache.
Bei fast allen Wehwehchen kann man ja noch unseren Freund Google fragen, aber was ist mit der emotionalen Seite? Wir Frauen haben sicherlich gewisse Instinkte die uns da sehr hilfreich sind, aber zu einem "fremden" Kind besteht eben Anfangs noch eine gewisse Distanz. Man möchte nichts falsch machen, das zarte Band nicht gleich überfordern und sich selbst natürlich auch nicht. Außerdem ist es eben zunächst anders das Erbrochene einer 6 jährigen Fremden im eigenen Haus wegzumachen als das des Kindes das man seit es ein Baby ist liebt und begleitet.
Man hat am Anfang eine sehr romantische Vorstellung wie das so ist ein Pflegekind aufzunehmen. Es ist eben nicht so dass es bei einem einzieht und man liebt es und es liebt einen zurück. Neee! Das muss wachsen und man braucht den Willen und vor allem Offenheit mit der man dieser Beziehung gegenüberstehen muss. Scham spielt da eine große Rolle. Ich hatte Schwierigkeiten meine eigenen Schamgrenzen zu akzeptieren, denn ich wünschte mir doch immer einen offenen Umgang zu Hause. Einen Umgang bei dem es nicht schlimm ist wenn sich jemand die Haare kämmt während man daneben auf dem Klo sitzt um Pipi zu machen. Da hat sicher jeder seine eigenen Vorstellung von Offenheit. Man will so ein Kind ja auch nicht gleich überfordern. Ich musste mich z.B. sehr daran gewöhnen bei allen kleidungsfreien Aktivitäten die Tür (ab)- zu- schließen. Da kommen Fragen auf einen zu? Wie mache ich das im Schwimmbad? Das ist schon nicht so leicht....aber irgendwie haben wir das wohl hinbekommen in solchen Situationen immer eine Lösung zu finden und die Berührungsängste verschwinden mit der Zeit immer mehr, Der Vorteil bei uns ist natürlich, dass wir nicht wissen wie es ist ein eigenes Kind zu haben. Das Löwenherz ist einfach was sie ist, unser Kind, egal seit wann oder wie sie zu uns kam. Ich will nicht sagen es spielt keine Rolle, aber wir versuchen dem nicht allzu viel Bedeutung beizumessen.
Es gibt sicherlich unterschiedliche Auffassung zum Thema Pflegekind. Da sind die, denen es sehr wichtig ist eine fast schon berufliche Distanz zum Kind zu wahren. Vielleicht weil ein gewisses Risiko besteht das Kind aus irgendwelchen Gründen wieder zu verlieren. Ein gewisses Risiko fährt da sicherlich in jedem Pflegeverhältnis mit, aber davon lassen wir uns nicht beirren.
Natürlich gibt es auch noch die, die ein rein wirtschaftliches Interesse an einem Pflegeverhältnis haben, aber über die spreche ich hier nicht, denn ich hoffe inständig dass das die Wenigsten sind.
Und dann gibt es noch Familien wie uns, die ein Kind in ihrer Familie als vollwertiges Familienmitglied sehen und es als Kind in der Familie akzeptieren.
Alles hat seine Vor- und Nachteile. Ich habe mir auch sehr oft vorgenommen eine gewisse Distanz zu wahren.....pffft....nach der ersten überstandenen Krankheit ist diese Distanz fürn Popo. Dann bist du Mutter, weil du es sein musst, weil es das ist was ein Kind braucht.
Unser Band wächst, ihr Geruch der am Anfang noch fremd war ist es nicht mehr, er ist vertraut und er hat sich verändert. Sie riecht nun mehr nach fremd, sondern  nach unserem zu Hause.

Es gibt aber auch leider immer wieder Momente in denen die gerade gewonnene Nähe wieder zur Distanz wird. Dann wenn das Löwenherz Dinge tut die uns so fremd sind, ja fast schon unheimlich. Manchmal fehlt mir dann einfach das Verständnis, ich suche dann nach Erklärungen und finde sie nicht. Es ist immer dann wenn sie , wir nennen es, " ihre Muttersprache" spricht. Eine fremde Sprache, wir sprechen sie (noch) nicht fließend und haben dann natürlich Verständnisprobleme. Wenn sie zum Beispiel eine Fensterscheibe mit einem Stein bearbeitet hat oder mir die Brille von der Nase gehauen hat, oder schreit und ausflippt aber auch wenn sie einfach gedankenverloren den Esstisch zerkratzt oder die Katze fesselt, Dann herrscht oft große Ratlosigkeit und nicht immer gelingt es mir die Fassung zu behalten. Was mir dann passiert? Ich werde laut. Und danach fühle ich mich schlecht. Weiß ich doch, dass ich es nicht persönlich nehmen darf .....dass sie es nicht macht um einen von uns zu verletzen. Unsere Sprache, unser Leben mit unseren Regeln ist eben auch fremd und nicht einfach zu verstehen.

Astrid

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